Im Interview: Trinkwasser-Experte Dipl. Ing. Jürgen Elsaß

  1. Sehr geehrter Herr Elsaß, Sie sind Ingenieur und Sachverständiger, wie kam es, dass das Thema Trinkwasser zu Ihrer Leidenschaft wurde?

    Zunächst ist Trinkwasser nicht meine Leidenschaft. Als Ingenieur betrachte ich es als meine Aufgabe, Missstände aufzudecken und abzustellen. Menschen sollen ohne Bedenken das Wasser aus der Leitung verköstigen können.

    Wie ich zu dem Thema kam, hat eine Vorgeschichte: Meine Frau bekam durch das Duschen einen juckenden Ausschlag, der immer mehr ausartete. Wir bekamen den Rat, Quellwasser zu holen und zum Waschen zu benutzen. Das machten wir, und siehe da, der Ausschlag verschwand. Unser Hausarzt bestätigte das mit entsprechenden Attesten.
    Im Juni 2009 wurde auf einmal ohne Voranmeldung das Wasserrohrleitungssystem saniert. Eigentümer und Mieter des Hauses wurden nicht informiert. Wir bekamen von dem ausführenden Handwerksunternehmen die Mitteilung, dass keine Gesundheitsgefahr mehr durch das Wasser bestehe. Also wieder duschen. Nach einer Woche war der Ausschlag wieder da, sodass wir wieder auf Quellwasser umstellten. Im Dezember 2009 wurde das Leitungswasser durch das Gesundheitsamt untersucht. Man stellte fest, dass das Wasser nicht die Qualität und die Reinheit des durch den Hersteller angelieferten Wassers hatte. Das Gesundheitsamt unternahm daraufhin nichts.

    Nun ging die Arbeit los. Weder beim Gesundheitsamt noch beim Landesministerium hatte man Ahnung. Unterstützung bekam ich schon gar nicht. Man war nicht einmal bereit, sich mit dem Thema Reinheit des Wassers für den menschlichen Gebrauch zu beschäftigen. Meine Frau verstarb im Oktober 2010 an bakterieller Lungenentzündung. Die Uni-Klinik verschwieg die Hintergründe dieser Lungenkrankheit.

  2. Wie sicher ist die Qualität unseres Trinkwassers, welche Risiken bestehen, wenn man Trinkwasser wirklich regelmäßig trinkt?

    In der Trinkwasser Verordnung 2001 heißt es sinngemäß: Das Wasser für den menschlichen Gebrauch muss rein, farblos, ohne Trübung, geruchs- und geschmacksneutral sein. Der Hersteller, also die Wasserwerke, garantieren die Reinheit und die Qualität bis zur Wasseruhr, also bis zur Zuleitung ins Haus. Was dann auf dem Weg bis zu den Entnahmestellen passiert, dafür gibt es weder eine Kontrolle noch fühlt sich jemand verantwortlich. Ab der Wasseruhr ist keine Stelle vorhanden, die den Eigentümer zwingen kann, das Rohrsystem in seiner Immobilie zu sanieren. Das Gesundheitsministerium hat keine Befugnis einzugreifen. Schauen Sie, das Problem ist doch: so lange seitens der Landesregierung, dem Ministerium für Gesundheit, nichts unternommen wird, kann jeder mit Lauge oder Säure die Rohre reinigen, um den Rost oder Geruch aus dem fließenden Wasser zu unterbinden. Der Besitzer zahlt und das Wasser ist kein Trinkwasser gemäß Trinkwasserverordnung. Vor allem der Grund der Unreinheit ist nicht beseitigt. Das Duschen kann für kranke und alte Menschen, für Kleinkinder oder bei Immunschwäche tödlich sein. Das Trinken des Wassers kann dem Magen und den Darm schaden. Säuglinge und Kleinkinder sterben am Pilz aus dem Wasser, da der kleine Mensch noch nicht soweit entwickelt ist, diese Parasiten abzutöten. Um Ihre Frage konkret zu beantworten: Die Qualität unseres Trinkwassers ist nicht sicher.

  3. Was kann oder muss die Politik tun, um die Sicherheit der Qualität sicherzustellen, nicht nur regional sondern in ganz Deutschland?

    Wir brauchen Menschen auf der unteren Ebene, die den Mut haben, diese Probleme anzupacken. Politiker und Verantwortliche müssen auf den Bürger hören und nicht nur ihre eigenen Ziele verfolgen. Wir brauchen Politiker, auch in der Opposition, die dieses Thema aufgreifen und zur Chefsache machen. Wer garantiert, dass in Fleisch- und Wurstwarenindustrie sauberes Trinkwasser verwendet wird? Keiner. Das Gesundheitsamt kontrolliert die Sauberkeit der Räume und Maschinen, aber nicht das verwendete Wasser aus der Leitung. Hier haben das Land und der Eigentümer die Verantwortung.
    Solange die Bürger das rostige, stinkende Wasser aus der Leitung hinnehmen, wird nichts geschehen. Wir müssen endlich an einem Strang ziehen.

  4. Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel und grundlegendes Element für die Existenz von Leben. Wir haben es im Überfluss. Es gibt aber Gebiete, wo ein lebensbedrohlicher Mangel herrscht. Welche Lösungen schlagen Sie vor, um die natürliche Ressource gerechter zu verteilen?

    Das ist ein Thema, wo wir bei uns selbst anfangen müssen. Wir haben es mit Menschen zu tun, die ihr Ego in den Vordergrund stellen. Das wird sich nicht ändern. Müssen wir das ganze Jahr frische Gurken, Tomaten und Rosen haben? Müssen wir Mais und andere Früchte zu Kraftstoff verarbeiten, um angeblich umweltfreundlich zu fahren? Müssen wir Autos mit sechs Liter Hubraum und mehr als 400 PS fahren?

    Man beachte Spanien, früher eine schöne Landschaft, heute Treibhäuser für Obst und Gemüse. Die Folge: Der Grundwasserspiegel ist teilweise bis 30 Meter abgesunken. In Afrika und Südamerika werden Flüsse umgeleitet, damit man die Rosen und andere Pflanzen für die Reichen züchten und wässern kann. Dem Ureinwohner wird damit das Wasser für sein Vieh gestohlen, es verdurstet. Wir Normalbürger können nichts unternehmen, der Mächtige bestimmt. Flüsse werden umgeleitet auf Kosten der Fruchtbarkeit eines Landstriches. Alles verödet, die Böden versalzen und trocknen aus. Solange der Mensch so mit der Natur umgeht, ist die einzige Lösung die, dass der Mensch sich selbst ausrottet.

  5. Flüsse halten sich nicht an Grenzen. Staudammbau zum Beispiel kann die Wasserversorgung von Nachbarländern massiv beeinflussen. Welche Konflikte erwarten Sie?

    Es gibt Mord und Totschlag – Krieg. Eine Ratte lebt friedlich, bis man sie in die Enge treibt. Dann beißt sie zurück. Der Mensch ist nicht anders. Was ist der Mensch oder ein Volk in unserer heutigen Gesellschaft wert?

  6. Getränkekonzerne verdienen Milliarden mit Wasser. Es gibt Kultmarken, die viel Geld kosten. In der Wasser-Bar im Adlon Berlin kostet ein halber Liter Juicy Cloud aus Tasmanischem Regenwasser oder Chanteldon, das angeblich Ludwig der XIV. trank, locker über 60,00 Euro. Tragen solche Marken zur Wertschätzung des Gutes Wasser bei, oder sind das eher Auswüchse des Luxuskonsums?

    Zunächst einmal ist festzustellen, dass diese Art Wasser nicht zur Gruppe Trinkwasser gehört. Es wird garantiert auch nicht auf Heilwasser-Qualität untersucht. Es sind die Verkoster, die Menschen, die angeben wollen, dass sie das Wasser in diesem Hotel getrunken haben, Protz und Angeberei. Es ist wie bei anderen Produkten: Champagner ist ein Schaumwein aus einer bestimmten Region. Ist die Grenze der Region erreicht, so ist der Schaumwein nicht mehr Champagner, sondern einfacher Schaumwein – Sekt. Dieser wird nicht getrunken, da er nicht Champagner heißt, obwohl er aus der gleichen Rebsorte ist. Ich möchte zu diesem Thema keinen weiteren Kommentar abgeben. Es ist jedem überlassen, welches Getränk er trinkt und was er dafür bezahlen will. Beim Essen ist es das Gleiche. Lasst ihn Regenwürmer und Raupen essen. Es ist seine Entscheidung. Wenn die auf der Erde lebenden Menschen sich nicht ändern und weiter so rücksichtslos leben, werden sie sich selbst auslöschen, und die Erde wird sich wieder erholen. Wir brauchen die Erde und ihre lebensnotwendigen Schätze, aber die Erde braucht uns nicht.