Lifestyle-Produkt Wasser

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Kein Nahrungsmittel ist so wichtig wie Wasser. Es ist pure Natur, das reinste Lebenselixier. Kein Nahrungsmittel ist zugleich so profitabel. In der Hand der Nahrungsmultis wird es in Europa und Nordamerika zum Kultobjekt – und weltweit zum Megaseller, selbst in der Dritten Welt. Die Marken der Getränkekonzerne buhlen um Marktanteile.

Mineralwasser enthält viele Mineralien, die der Körper braucht, behaupten die Marketingexperten der Getränkekonzerne. Die Mineralienmenge ist allerdings stark brunnenabhängig. Spitzenreiter ist die Dauner Quelle mit 185 Milligramm Magnesium pro Liter. Bei manchen Marken muss man die Mineralien-Moleküle einzeln zusammensuchen: Natrium und Calcium sind oft nur mit drei Milligramm enthalten. Trinkwasser-Experte Jürgen Elsaß lacht darüber: „Von diesem Knochenbaustoff haben viele Leitungswasser mehr: Das Stuttgarter Trinkwasser etwa 51,4 Milligramm, das Düsseldorfer sogar 89“.

Markenerlebnisse und Sehnsüchte

Mangels „Reklame-Etat“ hat das piefige Leitungswasser keine Chance gegenüber den schicken Markenwässerchen. 100 Millionen Euro investierte Nestlé in die Einführung des Neuwassers Aquarel. Ganz am oberen Ende der Lifestyle-Skala wird es abenteuerlich: Es ist klar, schmeckt sauber und frisch, hinterlässt nur im Abgang eine überraschende Note: Das japanische Wasser Rokko No aus den Rokko-Bergen kostet 62 Euro, der halbe Liter. Mit dem Preis steht es auf der Wasserkarte im Hotel Adlon Berlin. Wer einmal für viel Geld nüchtern bleiben möchte, trinkt sich durch die 42 Positionen der Karte: Canada Geese, mit den leicht metallischen Anklängen am Gaumen und einer vornehm-filigranen Perlage. Plump dagegen blubbert das Chateldon, Lieblingswasser Ludwigs XIV., mit der goldenen Sonne auf dem Etikett, kostet lächerliche 16 Euro der halbe Liter.

Wasser ist wichtig, ohne Wasser kein Leben. In unseren Regionen herrscht zum Glück kein Mangel. Wir haben genug und sind satt. Also muss ein Mythos inszeniert werden, der die Satten zum Wasser zieht. Branding lautet die Zauberformel: Sehnsüchte wecken, Markenerlebnisse inszenieren. Es ist eher die Sehnsucht nach dem Ursprünglichen, die den Kult ums Wasser speist. Beispiel Fidschiwasser: Die Südsee ist ein Sehnsuchtsraum, eine Metapher für das Unberührte schlechthin. Auf Fidschi gibt es auch Supermärkte und McDonald’s, aber das stört nicht – weiß ja keiner.

Das vornehme Raffles Hotel in Singapur beschäftigt einen eigenen Wasserkellner. In der Wasserbar des Pariser Kultkaufhauses Colette ist der Hit reines Regenwasser aus Tasmanien: Cloud Juice, sechs Deziliter für sechs Euro. Der Aufwand bei der Herstellung teuerer Markenwässerchen hält sich in Grenzen. 44 Prozent des weltweiten Flaschenangebots sind lediglich verarbeitetes Leitungswasser. Damit schließt sich der Kreis und wir sind wieder bei der Trinkwasser-Qualität aus unserem Wasserhahn.

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