Party-Knigge
Die Weihnachtsfeier kommt zurück

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Die einen begehren sie, die anderen verabscheuen sie – daher kommt sie nur einmal im Jahr: die Weihnachtsfeier. Und immer gibt es einen, der sich daneben benimmt. Das sagen zumindest die anderen.

Hingehen ist ein Muss. Damit ist die erste Frage zur diesjährigen Weihnachtsfeier beantwortet. Liegen keine markanten Gründe vor, sollten Sie zur Weihnachtsfeier Ihres Arbeitgebers erscheinen. Entziehen sich mündige Arbeitnehmer proaktiv der Selbstbeweihräucherung ihrer Chefetage, so die gängige Meinung der Knigge-Experten, wirken sie schnell desinteressiert und arrogant. Wer das vermeiden will, sollte der Einladung folgen und mindestens das Essen mitnehmen. Eine halbe Stunde danach darf man sich nach einem herzlichen Dankeschön mit einer Ausrede verabschieden.

Der Dresscode

Wer das ganze Jahr auf die Einladung hinfiebert, muss mehr machen als die Partymuffel. Fangen wir vorne an: Bevor es losgeht, steht jeder vorm Spiegel. Drei-Wetter-Taft ins Haar, Nivea ins Gesicht und Joop aus dem Zerstäuber auf den Rest: Heute zeigen wir den Kollegen, was in uns steckt. Bei der Kleidung heißt es auffallen – um jeden Preis. Bei den Damen gilt: Weniger ist mehr. Männer müssen durch zeitlose Eleganz bestechen. Doch soll die attraktive Praktikantin aus der Personalabteilung endlich Notiz von einem nehmen, sollte wenigstens die Krawatte durch ausgefallene Motive glänzen. Ideal eignen sich Enten-, Giraffen- oder Comic-Motive.

Der offizielle Teil

Im gehobenen Ambiente angekommen herrscht zunächst eine steife Atmosphäre. Der Chef begrüßt fleißig seine Mitarbeiter und Kollegen reden über Belanglosigkeiten. Durchbrechen Sie die Langeweile und sprechen über betriebliche Angelegenheiten, beschweren Sie sich über Kollegen und das ausgebliebene Weihnachtsgeld. Einer muss anfangen: Bevor der offizielle Teil beginnt, sollten Sie die Chance nutzen, beim Aperitif Ihre gute Laune zu zeigen. Animieren ist das Gebot der Stunde. Der Chef wird es Ihnen danken. Die Weihnachtsfeier soll unvergesslich bleiben. Die Kollegen werden Ihnen spätestens bei den Jahresrückblick-Reden danken, die Sie am besten mit Zwischenrufen auflockern: „Langweilig“, „ausziehen“ oder „Bingo“ sind Klassiker, die nicht fehlen dürfen. Ist das Pflichtprogramm geschafft, kann es losgehen.

Die Geselligkeit

Haben Sie Kollegen, Vorgesetzte und Geschäftspartner erfolgreich für den exzessiven Genuss alkoholischer Getränke gewonnen, müssen Sie sich weltmännisch zeigen: Ab jetzt wird sich geduzt. Die ersten Irritationen des Du hast Du mit einem Kurzen schnell bekämpft. Das ist der richtige Zeitpunkt übers Gehalt, Karrieremöglichkeiten und Betriebsabläufe zu sprechen. Kommunikation auf Augenhöhe nennt man das. Ist die Karriere in der Spur, gibt es nur noch ein Ziel: die Tanzfläche.

Das Tanzen

Auf der Tanzfläche wird nur der Mut belohnt. Zum Glück hast Du bereits ordentlich getankt. Dein Foxtrott sieht nicht nur aus wie der Tango von John Travolta, sondern fühlt sich auch so an. Die neidischen Blicke Deiner Kollegen sind Dein Erfolg. Jetzt tanzt Du im Brennpunkt der Firmenfeier: Das kurze Schwarze trifft die Comic-Krawatte. Das ausgelassene Tanzen verlängert nicht nur den Verlust der eigenen Muttersprache, sondern zeigt zugleich soziale Kompetenz und den Schulterschluss mit dem Unternehmen. Das kommt an.

Der englische Abgang

Als Hingucker des Abends fällt der Abschied schwer. Daher solltest Du es vermeiden, Dich abholen zu lassen oder ein Taxi vorzubestellen. Mittlerweile möchte jeder mit Dir einen trinken und an Angeboten, die Weihnachtsfeier nicht alleine verlassen zu müssen, wird es nicht mangeln. Allerdings hat die neu gewonnene Prominenz im Unternehmen ihre Schattenseite. Bevor jeder mit dem Star der Fete ein Foto machen will, Dich um Deine Visitenkarte bittet oder gar mit Dir weiter ziehen möchte, solltest Du Dich klassisch verabschieden: Den Weg zur Toilette solltest Du nutzen, ohne Umwege den Heimweg anzutreten. Verabschieden ist was für Anfänger.

Das neue Jahr

Selbst über die Feiertage hinaus sind Sie das Gesprächsthema. Im neuen Jahr ernten Sie die Lorbeeren Ihrer Mühe. Sie gelten als Partykanone: aufdringlich, unangenehm und respektlos. Die Sprüche der Kollegen müssen Sie ertragen. Sie sind gefangen: Der Glanz Ihres Auftrittes wird Ihnen bei jeder Gelegenheit wie ein Spiegel vorgehalten. Das Ergebnis: Überstunden, Mehrarbeit und Verlust der eigenen Autorität. Aber: Sie haben ein Jahr Zeit Ihren Ruf wieder herzustellen – bis zur nächsten Weihnachtsfeier.

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